lso der immensen Pluralität und Diversität ihres Innenlebens. Schon Faust klagte ja vehement über „die zwei Seelen“ in seiner Brust. Und Bismarck setzte noch einen obendrauf: „Faust klagt über die zwei Seelen in seiner Brust: ich beherberge aber eine ganze Menge, die sich zanken. Es geht da zu wie in einer Republik.“
Wenn die „Diva“ auf den „Wikinger“ trifft
Und so ist es nicht verwunderlich, dass auch Sie beim Blick nach innen viele interessante Persönlichkeiten treffen: Da ist mitunter die empfindsame Diva, die schnell beleidigt ist oder schnippisch reagiert, wenn sich nicht alles um sie dreht. Oder der furchteinflößende Wikinger, der – die Axt schwingend – endlich mal von Ihnen beachtet werden möchte. Vielleicht begegnen Sie auch dem nöligen Zauderer, der noch unentschlossen ist, wie er auf das Erlebte reagieren soll. Oder der zu allem entschlossene Hasardeur fordert eine schnelle Entscheidung. Jetzt! Unwiderruflich!
Wenn Sie Stimmen hören, ist alles in Ordnung
Das „Innere Team“ ist ein Persönlichkeitsmodell des Hamburger Psychologen Friedemann Schulz von Thun. Der Kommunikationswissenschaftler hat es 1998 auf Grundlage eines humanistisch-systemischen Menschenbildes entwickelt und findet: „Viele Seelen wohnen, ach, in unserer Brust; die uns als innere Stimmen gegenwärtig werden.“ „Inneres Team“ ist eine Metapher, die uns hilft, mit innerer Pluralität umzugehen, innere Stimmen als Repräsentanten unserer Persönlichkeitsanteile wahrzunehmen, uns selbst zu klären und zu reflektieren. Nicht nur – aber auch – in herausfordernden beruflichen und privaten Situationen. Schulz von Thun beschreibt die „inneren Stimmen“ gerne als Stimmungsmacher und tatendurstige Gesellen, die sich zur Geltung bringen wollen und letztlich unser Lebensgefühl ausmachen.
„Round Table“ der Emotionen und Widersprüche
Die oben genannten Figuren stammen aus meinem „Inneren Team“, das natürlich deutlich größer ist. Je nach Lebenslage stehen da manchmal ein Dutzend Akteure auf der Bühne! Ich habe meinen „inneren Stimmen“ irgendwann einfach plakative Rollen zugewiesen – und damit den Grad der Abstraktion für mich deutlich verringert. Schulz von Thun verwendet übrigens meist andere personalisierte Zuschreibungen: Stammspieler, Bewacher, Außenseiter, feindliche Antagonisten, Widersacher, Spätmelder, Zaghafte. Aber das ist letztlich eine reine (sprachliche) Geschmacksfrage.
Immer wieder lade ich also Diva, Wikinger und Co. zur Teamkonferenz ein, trete mit ihnen in Kontakt, höre verschiedene Meinungen und lasse Emotionen zu. Die Protagonisten betreten alleine oder in Gruppen die Bühne – und zanken oftmals. Als Moderater und Teamcoach achte ich darauf, dass jede oder jeder angehört wird. Am Ende steht immer die hilfreiche Erkenntnis, dass innere Pluralität ein tägliches, menschliches und vollkommen normales Phänomen ist – das uns tatkräftig unterstützen kann. Denn oft bringen die einzelnen Akteure wichtige Aspekte ein, die es bei Entscheidungen zu bedenken gilt. Und wenn sich unsere verschiedenen Anteile zusammenraufen und an einem Strang ziehen, wachsen wir über uns hinaus. Probieren Sie es aus – Sie werden begeistert sein!